Kommentar-Vorschlag zu John Fords Drama
Schade, dass sie eine Hure war ('Tis Pity She's a Whore)

Gliederung

H. Summa

„In einem kolportagehaften Renaissance-Italien angesiedelt ist John Fords Stück >Schade, dass sie eine Hure war< ein überhitztes Rache- und Intrigendrama aus oft erprobten Versatzstücken, die ein grelles Bühnenspektakel und damit einen Publikumserfolg versprechen. Dazu zählt auch das Inzestthema. John Fords glühende Beschwörung verbotener Liebe in einer korrupten Patriziergesellschaft ist ganz klar Spiegelung und Gegenentwurf zu Shakespeares >Romeo und Julia<.“ [FAZ] Diese Rezension ist generell sicher zutreffend. Aber es fehlen

  1. der historische Hintergrund:
    1. Die Vorgänge des Jahres 1536 in Greenwich und London;
    2. die phänomenale Darstellung der politischen Verhältnisse im Herzogtum Parma-Piacenza um 1547;
  2. die Verknüpfungen zu William Shakespeares anderen Werken wie dem „Hamlet“, nicht nur der Hinweis auf „Romeo und Julia, und
  3. vor allem die Doppelmoral im Verhältnis von Mann (Besitz von Ehefrau und Geliebten zugleich) und Frau in den höheren Ständen.
  4. Königin Elisabeth I. als „Virgin“ (Jungfrau) zu bezeichnen nur aus dem Grunde, dass sie nicht geheiratet hat, ist ein Indiz, das sich mit der beischlaflosen Empfängnis Marias verquickt. Der von ihr geförderte Kult um ihre Person zur Festigung ihrer Herrschaft könnte zur generellen Abwertung der Frauenrollen beigetragen haben.

„'Tis Pity She's a Whore“ wird gelegentlich auch als eine Fallstudie im kanonischen Recht in dramatischer Form bezeichnet. Die Zuschauer (und Darsteller) von heute scheuen den Anblick des blutenden Herzens auf der Dolchspitze, die Hinrichtungen in Tyborn hingegen hatten zur damaligen Zeit großen Zulauf.
O tempora! O mores?

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